Usability-Tipps - Kapitel "Inhaltspräsentation-Startseite"

Erprobte Mittel zur Wahrung der Orientierung

Damit ein Besucher die Bereitschaft aufbringt, zu bleiben und sich weitere Seiten des Angebots anzusehen, muss er sich zurecht finden können. Aus diesem Grund ist es speziell auf der Startseite, wo zumeist mehrere Hauptthemen als Teaser neben den „Pflichtinhalten“ Platz finden müssen – aber auch allen anderen (Unter-) Webseiten – wichtig, Informationen übersichtlich zu gestalten.

Auch auf Seiten, die vergleichsweise wenig Informationen enthalten sind, muss (wenn nicht nur eine Überschrift und zwei Sätze dort unterzubrigen sind) die Orientierung gewahrt werden. Erprobte Mittel dazu für alle Webseiten sind:

  • Gruppierungen: Schaffen Sie Überblick durch Rahmen, Spalten, Boxen oder einzelne „Module“, die optisch voneinander getrennt sind (z. B. durch Hintergrundfarbe oder –grafik)
  • Abstand halten: Freie Bereiche – so genannter „Whitespace“ – wirkt beruhigend. Nicht nur im Printbereich oder auf „Web 2.0“ – Seiten lockert ausreichender Abstand zwischen den Gestaltungselementen den Eindruck auf und beruhigt den Betrachter. Siehe hierzu auch die Abschnitte zu Layout und Inhaltsgestaltung.
  • Mäßigung: Eine der goldenen Regeln der Usability, die zwar im Web nur bedingt tauglich ist, aber dennoch in vielen Fällen sinnvoll bei der Gestaltung von Navigation und Inhalt zur Anwendung kommen kann, lautet Sieben Plusminus Zwei. Diese Regel beschreibt die Tatsache*, dass der Durchschnittsmensch in der Lage ist, maximal sieben Informationseinheiten gleichzeitig „bewusst“ wahrzunehmen und zu verarbeiten. Dieses Gesetz wird in professionellem Webdesign genau so (mit Abstrichen) beachtet wie bei der Erstellung von Software für den Desktop – und ist vor allem auch bei der Gestaltung der Navigation (siehe auch dort) anzuwenden, was allzu oft missachtet wird. Bedenken Sie aber, dass neben der Mäßigung auch Regeln wie z. B. räumliche Nähe ähnlicher Inhalte /Verweise und die sinnvolle Konsolidierung von Informationen in Listen und Tabellen zu beachten sind… Ein stures Beharren auf diesem Prinzip kann also im Einzelfall das Gegenteil bewirken und die Benutzerfreundlichkeit senken.

    Mäßigung bedeutet im Fall der Startseite auch, dass Sie ausgehende Links und Banner möglichst eben nicht hier unterbringen sollten, wenn es sich nicht um Logos handelt, die der Vertrauensförderung dienen kann.

    * Durch Langzeitstudien gestütztes (und auch heute noch gültiges) Modell
    von George Miller; 1956. Dessen Anwendung auf Websites, speziell im Bereich
    der Navigation ist allerdings umstritten, da es gerade bei großem Umfang
    einer Site gern
    buchstabengetreuer Anwendung zu unübersichtlicher
    Navigationstiefe führt.

  • Die richtige Auswahl: Sie haben ganz sicher viele wichtige Angebote; die Konzentration auf eine überschaubare Menge auf der Startseite ist dennoch immer möglich. In einem Shop können Sie Topseller mittels der Verkaufszahlen selbst ermitteln oder dies dem Shopsystem überlassen. Produkte, die saisonal auf eine Startseite gehören, können ggf. manuell dort platziert werden. Informationsangebote lassen sich so lange in Oberbegriffe verallgemeinern, bis eine akzeptable Anzahl von Begriffen übrig bleibt. Oder Sie bestimmen die erfolgreichsten Bereiche Ihres Auftritts anhand von Analysetools wie Google Analytics und verlinken nur die Top-Kandidaten. Sollen einzelne Bereiche gezielt gestärkt werden, muss auch hier eine Auswahl geschehen, damit ein Effekt erzielt werden kann.
  • Teilen und Herrschen: Sie können nicht auf zehn Ziele gleichzeitig schießen. Wollen Sie dennoch zehn Ziele treffen, müssen diese sich die zur Verfügung stehende Zeit eben aufteilen. Es ist immer die bessere Variante, zehn Topnews in Blöcke von zweimal fünf aufzuteilen und alle zwanzig Sekunden, im Stundentakt oder einem beliebigen anderen Rhythmus zu wechseln, als alle zehn auf der Startseite anzureißen und damit dann keinen Effekt außer einer Überbeanspruchung des Besuchers zu erzielen.
  • Ruhe bewahren: Bewegung sorgt für Ablenkung. Was bringt es also, wenn sich das eigene Logo dreht, Laufschriften durchs Bild rennen und sich animierte Werbemittel auf der Startseite tummeln? Richtig: Ablenkung und Unruhe. Das kann aber nicht das Ziel sein, wenn der Besucher zum Verweilen eingeladen werden soll. Und erwarten Sie auch nicht, dass es beruhigend auf einen Besucher wirkt, wenn Sie alle zwanzig Zeichen die Schriftart, -größe, -farbe oder den Stil ändern. Es schreckt ab (mehr dazu im Abschnitt zur Inhaltsgestaltung). Ein letztes Wort zu den beliebten Laufschriften: Wenn man die ganze Nachricht nicht auf einmal lesen kann, sondern viele wertvolle Sekunden wie ein Depp auf eine Stelle starren muss, wie aufregend muss die Nachricht sein, damit Sie selbst lange genug hinsehen? Haben Sie solche Nachrichten?
  • Führen Sie den Benutzer: Jeder einzelne Bereich, der zu weiteren Informationen oder angeboten führen soll, benötigt eine klare Handlungsaufforderung, damit der Benutzer erkennt, was Sie von ihm verlangen und was er tun muss, um an die von ihm gewünschte Information oder den gesuchten Artikel etc. zu gelangen. Sprechen Sie ihn dabei persönlich an und betteln Sie nicht, wo es nicht notwendig ist. („Bitte klicken Sie hier…“). Die direkte Ansprache („Sparen Sie jetzt bis zu 50% bei Hängebauchschweinfutter!“) ist einer Verlinkung nach neutralem, rein beschreibenden Vorbild („Hängebauchsweinfutter: Angebote“) immer überlegen.

Natürlich sind das weder alle Mittel, noch müssen Sie sich immer zu 100% an diese Regeln halten… bzw. sie lassen sich kombinieren. Mehr als „sieben plusminus zwei“ Elemente bringen Sie z. B. unter, wenn diese durch Gruppierung in zwei Einheiten aufgeteilt sind, die ihrerseits zu einer Gruppe von maximal fünf bis neun Elementen gehört.

Wenngleich dies nicht unendlich geschachtelt werden kann, können Sie so problemlos alle wirklich erforderlichen Elemente für Ihre Startseite zusammenstellen und präsentieren, ohne dass diese überladen wirkt. Wenn Sie aber eine gewisse Gewalt über die Anordnung und Maße der Elemente haben, ist es oft empfehlenswert, ein Design mit einer berechenbaren Breite zu wählen oder zumindest im Design einen Bereich fester Breite zu reservieren, der für die Inhalte vorgesehen ist. Mehr hierzu lesen Sie auch im Abschnitt zum Layout.

Tipp
Einstiegsseiten Ihrer Website, die stark durch Besucher aus Suchmaschinen frequentiert werden und die eine überdurschnittlich hohe Absprungrate aufweisen, sollten Sie auf diese Merkmale hin untersuchen und ggf. mehrere Anpassungen nacheinander vornehmen und einzeln „durchmessen“, indem Sie die Entwicklung des Besucherverhaltens nach einer Anpassung eine Zeit lang beobachten. Vergessen Sie die Regel: „viel hilft viel“ in diesem Fall und denken Sie lieber an „abwarten und Tee trinken“. Denn es ist wichtig, dass Sie eine ausreichende Anzahl von Benutzern beobachten (mehrere huntert, leider meistens auch mehrere Wochen), um Ausreißer und Einmaleffekte nicht als Anlass für eine Veränderung betrachten. Saisonale Schwankungen eliminieren Sie hingegen nur durch zeitgleiche Tests von zwei oder mehr Varianten, so dass über jeden Tag verteilt alle Varianten im gleichen Verhältnis zum Einsatz kommen. Ob Ihr CMS einen solchen Test – und dessen Auswertung – unterstützt oder ob Sie auf externe Werkzeuge wie den Google Website Optimizer zurückgreifen müssen, ist eine eingehende Prüfung im Vorfeld auf jeden Fall wert.